Bandscheibenvorfall – Therapie gegen Schmerzen

Bandscheibenvorfall

Bei einem Bandscheibenvorfall drückt der ausgetretene Kern der Bandscheibe auf die Nevenwurzel. Das ist äusserst schmerzhaft. Häufig strahlen die Schmerzen bis in die Beine aus. Verschiedene Behandlungsmethoden wie Rückenbandagen, TENS und Gymnastikübungen lindern die Schmerzen. Die meisten Patienten können deshalb ohne Operation behandelt werden.

Wohin strahlt der Schmerz bei Bandscheibenvorfall

Die Bandscheiben liegen zwischen den einzelnen Wirbelkörpern und dienen als Stossdämpfer. Bandscheiben bestehen aus einer knorpeligen Aussenschicht, die wie ein Ring um den weichen Gallertkern liegen. Bei einem Bandscheibenvorfall reisst der äussere Ring und ein Teil des Kerns tritt aus. Tritt der Kern nach hinten aus, wo das Rückenmark und die Nerven verlaufen, kann das zu starken Schmerzen führen, während der Bandscheibenvorfall an einer anderen Stelle ganz ohne Schmerzen bleiben kann.

Schematische Darstellung einer Diskushernie (Bandscheibenvorfall) mit Prolaps des Kerns
Der Kern drückt bei einem Bandscheibenvorfall auf den Nerv und verursacht Schmerzen
MRI Darstellung eines Bandscheibenvorfalls
Ein Bandscheibenvorfall im MRI

Da der ausgetretene Kern direkt auf die aus dem Rückenmark kommenden grossen Nervenstränge drückt, strahlt der Schmerz aus. Häufig ereignen sich Bandscheibenvorfälle im Bereich der Lendenwirbelsäule zwischen L5/S1, zwischen L4/L5 oder L3/L4. Bei L5/S1 strahlt der Schmerz über das Gesäss auf der Aussenseite des Beins entlang bis zur Fussaussenkante. Bei einem Vorfall zwischen L3/L4 nimmt man den Schmerz eher im Kreuz und im Unterleib wahr und er kann bis ins Knie ausstrahlen. Bei einem Prolaps zwischen L4/L5 strahlt der Schmerz auf die Aussenseite des Oberschenkels und auf die Fussinnenseite aus.

Tritt der Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule auf, strahlt der Schmerz über die Armoberseite bis zu Zeige- und Mittelfinge. (1)

Wie lange Schmerzen anhalten

Wie lange die Schmerzen nach einem Bandscheibenvorfall anhalten ist ganz unterschiedlich. Grundsätzlich ist der Körper fähig das ausgetretene Material abzubauen, was mehrere Monate dauert. Die meisten Patientinnen leiden aber nach 6-12 Wochen nicht mehr unter Schmerzen.

Schmerzen bei Bandscheibenvorfall behandeln

Bei der Behandlung des Bandscheibenvorfalls kann man zwischen der konservativen und der operativen Therapie unterscheiden. Ca. 80% der Patientinnen und Patienten werden konservativ behandelt. Wenn man bedenkt, dass beide Gruppen nach 8 Jahren nachweislich gleich wenig Schmerzen haben, sowie die Funktion und allfällige Einschränkungen im Alltag gleich hoch sind (2), macht das durchaus Sinn.

Konservative Therapie bedeutet aber nicht, dass man einfach wartet. Verschiedene Behandlungsmethoden kommen in Frage, um die Schmerzen des Bandscheibenvorfalls zu lindern.

Rückenbandage

Rückenbandagen

Rückenbandagen sind ein wirkungsvolles Mittel um die Beschwerden bei Bandscheibenvorfall zu reduzieren. Sie erzeugen mit ihrer genoppten Pelotte einen angenehmen Massageeffekt, der die Durchblutung fördert und Schmerzen lindert. Da der Effekt bei Bewegung noch zunimmt, wird die Bewegungsfreude gefördert, was einen positiven Einfluss auf Krafterhalt, Beweglichkeit und Schmerzlinderung hat.

Anders als häufig angenommen, führen Rückenbandagen nicht zu einer Schwächung der Rückenmuskeln, das hat eine neue Untersuchung gezeigt (3). Sie können also mit guten Gewissen so häufig und so lange getragen werden wie es nötig ist.

TENS gegen Schmerzen bei Bandscheibenvorfall

Die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) ist bei Bandscheibenvorfall nachweislich wirksam um Schmerzen zu lindern (4). Sie wirkt allerdings nicht kräftigend oder mobilisierend, weshalb TENS immer nur ein Teil der Therapie darstellt und mit Bewegungsübungen kombiniert werden sollte.

TENS-Geräte sind mit zwei grossen oder vier kleinen Elektroden ausgestattet, wobei sich für die Schmerzbehandlung bei einem Bandscheibenvorfall beide Varianten eignen. Da sich die Impulsform und die Reizstärke bei allen Geräten individuell einstellen lassen, ist die Therapie sehr effektiv.

Übungen für einen starken Rücken

Wenden sich Patientinnen mit Rückenschmerzen an einen Arzt, bekommen sie immer auch Physiotherapie verordnet. Bei akuten Schmerzen dient die Physiotherapie unter anderem dazu, Patienten zu mobilisieren, um Kraftverlust vorzubeugen (5). Bei chronischen Rückenschmerzen, hilft Physiotherapie gegen die Beschwerden und verbessert die Funktion (6).

Die in der Physiotherapie erlernten Übungen müssen auch zu Hause regelmässig durchgeführt werden. Hier die fünf besten Übungen nach einem Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule.

Achten Sie darauf, die Übungen langsam und kontrolliert durchzuführen. Brechen Sie die Übung ab, wenn die Beschwerden durch die Übung zunehmen.

Stufenlagerung

Liegen Sie auf dem Boden und lagern Sie die Unterschenkel auf einem Stuhl hoch. Hüfte und Knie sind ca. 90° angewinkelt. Diese entlastende Position kann man im Verlauf des Tages immer wieder einnehmen.

Extension in Bauchlage (Kobra)

Liegen Sie mit dem Bauch auf den Boden. Legen Sie die Hände unter den Schultern flach auf den Boden. Stemmen Sie den Oberkörper langsam nach oben, halten Sie die Position für einige Sekunden und legen Sie sich wieder flach auf den Boden. Machen Sie 3×7-10 Wiederholungen.

Hüftbeuger dehnen

Knien Sie so auf die Matte, dass das hintere Knie auf dem Boden liegt, während das vordere Bein auf dem Boden aufgestellt ist. Der Winkel im Knie sollte etwas mehr als 90° betragen. Bewegen Sie das Becken nach vorne und halten Sie den Körper dabei aufrecht. Finden Sie die Position wo in der Hüfte ein Dehnungsgefühl entsteht und halten Sie die Position für 30 Sekunden. Übung auf beiden Seiten 3x wiederholen.

Tiefe Haltemuskulatur stärken

Liegen Sie auf den Rücken und stellen Sie die Beine leicht an. Legen Sie eine Hand oberhalb, die andere unterhalb des Bauchnabels auf den Bauch. Beim Atmen bewegen sich beide Hände. Versuchen Sie nun, den Unterbauch beim Ausatmen einzuziehen und halten Sie diese Spannung für 10 Sekunden. Atmen Sie dabei weiter. Wenn Sie die Spannung richtig halten, bewegt sich jetzt nur noch die obere Hand. 3x wiederholen.

Rücken stärken

Ausgangsposition ist der Vierfüsslerstand. Achten Sie darauf, dass Ihre Knie unter der Hüfte stehen und die Handgelenke unter der Schulter. Strecken Sie den linken Arm nach vorne, das rechte Bein nach hinten. Halten Sie die Position für mindestens 10 Sekunden, bevor sie die Übung auf der anderen Seite wiederholen. Machen Sie pro Seite 3 Wiederholungen.

Tipp: Wird ein Fitnessband um Fuss und Hand gelegt, wird die Übung intensiver und kann auch als dynamische Übung mit 3x 10 Wiederholungen ausgeführt werden.

An Stange hängen

Die Bandscheiben enthalten viel Wasser, das im Laufe des Tages herausgepresst wird. Die Bandscheiben werden dünner. Dieser natürliche Prozess kann bei einem Bandscheibenvorfall zu zunehmenden Schmerzen gegen Abend führen.

Eine Studie hat gezeigt, dass sich durch regelmässige Traktionstherapie die Schmerzen lindern und die Beweglichkeit verbessern lassen (7). Das könnte eine Erklärung sein, weshalb viele Patienten es als angenehm empfinden, bei einem Bandscheibenvorfall an einer Stange zu hängen. Eine sanftere Methode ist die Entlastung des Rückens durch das Hochlagern der Beine.

Bandscheibenvorfall vorbeugen

Wer einmal erlebt hat wie schmerzhaft ein Bandscheibenvorfall sein kann, möchte das auf keinen Fall noch einmal erleben. Tatsächlich kann es aber sowohl bei der bereits betroffenen Bandscheibe, wie auch bei weiteren Bandscheiben zu einem erneuten Vorfall kommen.

Für einen erneuten Vorfall im Bereich einer operierten Diskushernie ist das Rauchen der grösste Risikofaktor. Ein weiterer ist Diabetes. Gewöhnen Sie sich das Rauchen ab und achten Sie darauf, dass der Blutzucker gut eingestellt ist. Keinen Einfluss als Patient hat man auf die Bandscheibenvorwölbung, die ebenfalls ein Risikofaktor darstellt (8).

Generell steigt das Risiko für einen Bandscheibenvorfall mit zunehmendem Alter und Frauen sind häufiger betroffen als Männer (9).

Zwar kann man auf das Alter und das Geschlecht keinen Einfluss nehmen, aber man kann die negativen Effekte des Alterungsprozesses durch einen gesunden Lebensstil hinauszögern. Wer Übergewicht vermeidet und regelmässig die Rücken- und Bauchmuskulatur trainiert, hat eine geringere Chance einen (erneuten) Bandscheibenvorfall zu erleiden.

Beim Heben von schweren Gewichten sollte man immer auf eine gerade Wirbelsäule achten. Niemals dürfen schwere Gegenstände in vornüber gebeugter Position angehoben werden. Besser ist es in die Hocke zu gehen, sodass die Kraft aus den Beinen und nicht aus dem Rücken kommt. Besonders wichtig ist das für Personen die körperlich arbeiten, weil sie ebenfalls ein erhöhtes Risiko für einen Bandscheibenvorfall haben.


Quellen:

  1. https://www.amboss.com/de/wissen/Bandscheibenprolaps/
  2. Dana Kerr et al. (2015): What Are Long-term Predictors of Outcomes for Lumbar Disc Herniation? A Randomized and Observational Study; Clin Orthop Relat Res. 2015 Jun;473(6):1920-30. doi: 10.1007/s11999-014-3803-7.
  3. Anders C, Hübner A. Auswirkungen von Lumbalbandagen auf die Rückenmuskelaktivität beim Gehen. Orthopädie Technik, 2018; 69 (6): 62–68
  4. L A V Ramos et al. (2018): Comparison Between Transcutaneous Electrical Nerve Stimulation and Stabilization Exercises in Fatigue and Transversus Abdominis Activation in Patients With Lumbar Disk Herniation: A Randomized Study; J Manipulative Physiol Ther. 2018 May;41(4):323-331. doi: 10.1016/j.jmpt.2017.10.010
  5. Greitemann, B. et al (2021): Leitlinie zur konservativen, operativen und rehabilitativen Versorgung bei Bandscheibenvorfällen mit radikulärer Symptomatik; AWMF online 28.06.2021
  6. J A Hayden, et al. (2005): Exercise therapy for treatment of non-specific low back pain; Cochrane Database Syst Rev. 2005 Jul 20;(3): CD000335.doi: 10.1002/14651858. CD000335.pub2.
  7. Noureddini Karimi et al.(2017): Effects of segmental traction therapy on lumbar disc herniation in patients with acute low back pain measured by magnetic resonance imaging: A single arm clinical trial; J Back Musculoskelet Rehabil. 2017;30(2):247-253.doi: 10.3233/BMR-160741.
  8. Weimin Huang et al. (2016): Risk Factors for Recurrent Lumbar Disc Herniation: A Systematic Review and Meta-Analysis; Medicine (Baltimore). 2016 Jan;95(2):e2378. doi: 10.1097/MD.0000000000002378
  9. Young-Ki Kim et al. (2018): Differences in the Incidence of Symptomatic Cervical and Lumbar Disc Herniation According to Age, Sex and National Health Insurance Eligibility: A Pilot Study on the Disease’s Association with Work; Int J Environ Res Public Health. 2018 Oct; 15(10): 2094. doi: 10.3390/ijerph15102094